„Man muss sich geistig nähren, damit man geben kann.“ Nadine Strittmatter, Model

Mit 34 Jahren arbeitet Nadine Strittmatter noch immer als erfolgreiches Model. Und interessiert sich dabei für so viel mehr als Mode. Ihre Zukunft sieht sie nicht mehr vor sondern hinter der Kamera.

Nadine Strittmatter und ich sind uns noch nie persönlich begegnet. Die Atmosphäre ist trotzdem vertraut, als wir uns in der Zürcher Kronenhalle-Bar treffen. Vermutlich liegt es daran, dass ich sie seit sagenhaften zwei Jahrzehnten immer wieder sehe. Hier und dort, «Elle» und «Vogue», «Blick» und «Tagesanzeiger».

Seit dem Jahr 2000 gehört sie zur überschaubaren Gilde der Topmodels, die die Schweiz hervorgebracht hat. Es sind nicht mehr als eine Handvoll, die meisten haben inzwischen aufgehört. Dass Nadine Strittmatter diesen überragenden Erfolg hat, ist kein Zufall. Sie selber sagt von sich, dass sie stur sei und ehrgeizig, immer mit einem Ziel vor Augen.

Vermutlich ist es aber noch viel mehr: Nadine Strittmatter hat vielerlei Interessen, hinterfragt und reflektiert, überrascht mit fundierten Aussagen zu den unterschiedlichsten Themen. Eine spannende Persönlichkeit, zweifelsohne. Ein Freigeist, der sich nicht in Schubladen zwängen lässt, obwohl dies in der Modelbranche durchaus passieren könnte. Eine Frau, die auffällt, durch ihr Äusseres, aber eben auch durch das, was sie im Inneren beschäftigt.

Nadine Strittmatter über Selbstfindung und Selbsterkenntnis, Schlafen auf Sofas von Fremden und wie Karl Lagerfelds Provokationen in ihren Augen von vielen missverstanden wurden.

„Ich habe viele ältere Freunde, die um die 60 Jahre alt sind.“

Anna Maier: Wir sind in der Kronenhalle-Bar in Zürich. Warum hast du diesen Ort ausgewählt?

Nadine Strittmatter: Ich bin schon in der ganzen Welt herumgereist, aber das ist einfach meine Lieblings-Bar.

Ausser bei La Colombe D’Or in St-Paul-de-Vencein Frankreich gibt’s das sonst nirgends, dass man Picasso berühren kann und Giacometti-Lampen neben einem stehen. Schweizer Künstler haben diese Bar designt, die Hausmanns – ich glaube, du kennst sie. Ich finde es einfach sehr schön hier.

Die Kronenhalle-Bar ist sehr traditionell, es sitzen hier heute Nachmittag vor allem ältere Herren. Ist dein Freundeskreis in deinem Alter, oder umgibst du dich lieber mit älteren Menschen?

Das ist echt witzig, dass du das fragst. Ich habe tatsächlich viele ältere Freunde, die um die 60 Jahre alt sind, aber ich habe auch 21-jährige Kollegen – von allem ein bisschen. Ich finde auch bedeutend jüngere Menschen spannend. Ich fühle mich alterslos.

Du wirst im September 35 Jahre alt.

Oh Gott… Es erschreckt mich, wenn du das sagst.

Das ist ein Alter, in dem viele Models sich einen Plan B ausdenken müssen. Wo stehst du im Leben?

Ich glaube, ich habe eine kleine Midlife-Crisis hinter mir. Ich weiss nicht, ob man dem so sagen kann, aber mit Anfang 30 habe ich mir viele Fragen gestellt. Ich fühlte mich etwas komisch, denn ich gehörte nicht mehr zu den ganz Jungen, aber auch noch nicht zu den Älteren. Jetzt mit Mitte 30 gehöre ich halt definitiv zu den alten Models. Das ist okay für mich, denn ich werde gehört und gesehen. Ich habe etwas zu erzählen und das nimmt man wahr.

Wie haben sich die Aufträge verändert?

Ich muss mich nicht mehr an Castings beweisen. Ich habe Auftraggeber, die mich direkt anrufen und mit mir zusammenarbeiten oder ein Interview machen möchten. Ihnen geht es nun mehr um die Welt um mich herum und nicht nur ums jugendliche Gesicht.

Du sagst, du hast eine Krise durchgemacht mit Anfang 30. Was ist da passiert?

Eine wirkliche Krise war das nicht, ich habe mich einfach mit mir selber beschäftigt und überlegt, was ich wirklich möchte – ich glaube, das sollte jeder tun. ich habe mich intensiv damit auseinandergesetzt, wie ich leben möchte, wie ich mich neu orientieren könnte bei der Arbeit. Ich kam dann aber zum Schluss, dass ich mein Leben, so wie es ist, sehr gern habe. Vieles läuft ja auch sehr gut. Ich bin wahnsinnig dankbar und stolz, dass ich so vieles erleben durfte.

Ich begann vieles zu hinterfragen, als ich bei Chanel war. Weil ich da einfach so viel arbeitete, dass ich kein Leben mehr hatte daneben. Das hat bei mir einiges ausgelöst.

Wie muss man sich diese Zeit vorstellen, als du bei Chanel in Paris die Muse von Karl Lagerfeld warst?

Ich hatte unglaublich lange Präsenzzeiten, war täglich von 8.00 oder 10.00 Uhr morgens bis abends um 20.00 Uhr, manchmal sogar bis 23:00 Uhr im Studio. Morgens und nachmittags arbeitete ich in den verschiedenen Ateliers, es wurden ja alle Kleider für Chanel auf meinen Körper angepasst. Jeden Abend um 19:00 Uhr kam Karl und hat Änderungen vorgenommen.

Über was hast du mit ihm geredet?

Über Gott und die Welt, tatsächlich. Er war einer, der über alles sprechen konnte.

«Ich habe keinen Menschen kennengelernt, der so viel wusste wie Karl Lagerfeld.»

Gab es Themen, die dich speziell mit ihm verbunden haben?

Er war interessiert an Kunst, Kultur, Literatur. Ich habe keinen anderen Menschen kennengelernt, der so viel wusste wie er. Deswegen ist sein Tod nicht nur traurig, weil ich ihn gut kannte, sondern auch, weil eine Person nicht mehr da ist, an die man sich kulturell anlehnen konnte. Er war ein Fels in der Brandung.

Was war er für dich? Ein Freund, ein Kollege, ein Auftraggeber?

Nein, kein Freund. Ich habe für ihn gearbeitet. Er war mein Mentor, aber auch mein Chef.

Lagerfeld war nicht unumstritten. Unmittelbar nach seinem Tod wurde auch viel Negatives geschrieben, über seine manchmal frauenfeindlichen und politisch inkorrekten Aussagen. Ich habe gesehen, dass du Tränen in den Augen hattest, als du über ihn sprachst. Wie war das für dich zu lesen, wie diese Person, die du so gern hattest, postum niedergeschrieben wurde?

Ich habe das alles gar nicht gelesen. Nur auf Instagram, wo es auch unzählige Posts zum Tod von Karl Lagerfeld gab. Ich kann gewisse Meldungen zwar verstehen, aber es ist nicht so, dass ich ihn nur an einer Modeschau für kurze fünf Minuten gesehen habe. Mein Ex-Chef, für den ich zwei Jahre sehr intensiv gearbeitet habe, ist gestorben. Deswegen habe ich mich von dem ganzen Gedöns abgeschirmt. Nur mit Freunden habe ich darüber gesprochen.

Ich glaube, viele Menschen haben ihn nicht verstanden. Seine Aussage zB mit den Jogginghosen, dass man degeneriert sei, wenn man solche trage… Nein, wirklich! Das ist ein Witz. In seinem Team trägt auch ab und zu mal jemand Sweatpants. Er hat auch viele Dinge gesagt, nur um zu provozieren.

Du sagst, du liest auch nicht, was über dich geschrieben wird. Ist dies ein Schutz, um dich vor negativen Kommentaren zu schützen? Oder ist es dir schlicht unwichtig, was andere schreiben?

Ich finde das tatsächlich alles ein bisschen unwichtig. Manchmal lese ich etwas und dann bleibt es als Gedanke im Kopf und lenkt mich ab. Ich möchte aber nicht von solchen Gedanken, die andere von mir haben, abgelenkt werden. Ich versuche, meinen Fokus auf Dinge zu richten, die mich interessieren und weiterbringen im Leben. Gossip gehört nicht dazu.

Was war für dich in den letzten 34 Jahren das prägendste Erlebnis?

Der Moment, als ich mit 16 Jahren nach England gezogen bin, um Englisch zu lernen. Ich war plötzlich alleine in einer Host-Familie in dieser grossen Stadt. Ich dachte mir: «Wow, ich bin in London, so geil.»

Jeden Tag mit Karl Lagerfeld zu arbeiten, hat mich ebenfalls sehr geprägt. Ich bin vor allem dankbar, dass ich das so erleben durfte.

Ich gebe zu: Mir sind keine wirklich schlimmen Dinge passiert in meinem Leben.

Ich würde gerne in deiner Geschichte zurückgehen, herausfinden, wie du zu diesem Freigeist wurdest, der du zu sein scheinst. Du hast es gerade erwähnt: Mit 16 Jahren bist du von Zuhause ausgezogen. Und weg warst du. Woher hattest du damals dieses Selbstvertrauen?

Das haben mir meine Eltern mitgegeben. Meine Mutter hat früher im Reisebüro gearbeitet. Mein Vater ist selbstständiger Immobilienmakler. Sie sind sehr viel gereist – tun das auch heute noch. Eine Tradition, die meine Grossmutter schon lebte: Sie war bereits in Kenia, ass Frösche mit den Ureinwohnern, ist Autorennen gefahren und hat gearbeitet, als erst sehr wenige Frauen dies taten. Diese Neugierde und die Reiselust habe ich mit auf den Weg bekommen.

«Ich mag es nicht, wenn mir jemand sagt, was ich machen muss.»

Du warst aber auch schon immer ein Rebell, gemäss deiner Mutter. Wenn man dir etwas gesagt hat, hast du gerne genau das Gegenteil gemacht. Warum dieses Aufmüpfige?

Ich wollte einfach immer mein eigenes Ding durchziehen. Ich mag es nicht, wenn mir jemand sagt, was ich machen muss.

Das ist aber speziell als Model schwierig, oder?

Das ist als Model schwierig, ja, aber das war für mich eine andere Welt. Die fand ich von Anfang an spannend. Ich fühlte mich als junge Frau wie ein Tourist, der die Fashionwelt besuchte.

Als Jugendliche hattest du aber auch die ruhige, zurückgezogene, sensible Seite. Verbrachtest viel Zeit mit deinen Pferden, diese waren sehr wichtig für dich. Konnte jemals etwas diese Verbundenheit ersetzen?

Nein. Das gab es nicht. Und das gibt es nicht! Bis heute. Diesen Sommer gehe ich mit Freunden für drei Wochen in die Mongolei reiten. Sie haben mich gefragt, ob ich mit den Pferden aushelfen kann, wenn sie Gäste da haben. In Malibu reite ich öfters Pferde von Freunden. Dieses Gefühl wie mit diesen Tieren, nein, so etwas habe ich nie woanders gefunden.

Kannst du es beschreiben?

Pferde sind sehr sensibel. Und sie sind sehr schreckhaft, was einen als Menschen empathisch macht. Man spürt mit der Zeit, was das Pferd wahrnimmt. Man spürt die Luft rundum, es schärft die Sinne.

Du scheinst ein spirituell offener Mensch zu sein, hast schon sehr viel ausprobiert im Bereich der geistigen Weiterentwicklung. Man könnte auch sagen in Richtung Esoterik. Du warst bei einem Schamanen in Hawaii, in einem Zen-Kloster in Japan, hast in Israel eine Schweigewoche gemacht. Nach was suchst du?

Ich glaube nicht, dass es eine tiefergehende Sinnsuche ist. Ist bin einfach neugierig. Ich gehe auch gerne in alle Museen und guten Restaurants der Welt, diese nehmen mich genauso wunder. Beim Zen-Kloster zum Beispiel fand ich damals einfach interessant zu sehen, wie so eines aussah. Es wirkte auf mich ästhetisch sehr schön – ganz klassisch japanisch. Das zu sehen, hat mir gereicht. Dann bin ich abgereist.

Ist es also zu viel hinein interpretiert, wenn es den Anschein macht, dass du nach etwas Tieferem suchst? Du konsumierst es einfach?

Ja. Ich bin ein sehr visueller Mensch. Ich will alles aufsaugen.Das nährt mich.Ich mache auch ganz bewusst immer wieder Breaks, arbeite mal ein paar Monate nicht. Immer dann, wenn es mir keinen Spass mehr macht. Wenn ich nicht mehr konzentriert sondern abgelöscht bin. Ich finde, dann muss man sich geistig nähren, damit man wieder etwas geben kann. Sonst hat man auch keine langfristige Karriere, denn man ist wie ausgeschaltet.

Schon vor zehn Jahren hast du in einem Interview gesagt, dass du nicht das ganze Leben lang modeln willst. Jetzt sind es schon bald 20 Jahre. Wird es den Moment geben, wo du ganz bewusst sagst: «Jetzt ist fertig damit, jetzt gehe ich einen Schritt weiter.»?

Ja, ich hoffe es. Ich möchte wirklich nicht mein ganzes Leben lang vor der Kamera stehen. Ich möchte gerne auch noch etwas anderes machen, auch mal hinter der Kamera stehen. Im Moment läufts sehr gut. Ich mache meine Sachen nebenbei und hoffe, dass die eines Tages Überhand nehmen werden.

Du lässt das Modeln auslaufen, während du deine neuen Projekte startest?

Auslaufen auf keinen Fall. Ich bin jemand, der bewusst über sein Leben entscheidet. Dass ich heute noch so gut im Business bin, hat auch damit zu tun, dass jetzt plötzlich alle wieder ältere Models suchen…

Das ist ja eigentlich schon etwas absurd, dass du mit 34 Jahren «ältere Models» sagst…

Ja, das ist es tatsächlich (lacht). Die Szene verändert sich extrem. Viele Marken suchen jetzt nach einem bestimmten Charakter und Menschen, die im eigentlichen Sinne des Wortes lebenserfahren sind, Geschichten erlebt haben. Diese neue Diversität, die angesagt ist – endlich, zum Glück! -, hat auch damit zu tun, dass ich immer noch gut gebucht werde.

Anna Maier mit Model Nadine Strittmatter in der Kronenhalle-Bar Zürich.

«Früher gingen wir einfach mit irgendeinem mit und schliefen auf der Couch.»

Du hast vorhin gesagt, dass es dir wichtig ist, an deiner Arbeit die Freude behalten zu können. Was brauchst du in deinem Alltag, damit du dich wohlfühlst, damit du Freude hast an etwas?

Ich mache gerne Yoga. Ich gehe in Los Angeles fast jeden Morgen am Strand spazieren. Wir haben neuerdings zwei Hunde im Haus. Ich freue mich über die Sonne und über die Wolken.

Du lebst im Moment vor allem in Los Angeles. Hast du hier in der Schweiz auch eine Wohnung?

Nein. Wenn ich hier bin, wohne ich bei Freunden. Dann bin ich sehr gesellig. Heute Abend koche ich für 12 Personen. Das heisst: Ich mache es mit meiner Freundin zusammen. Sie ist auch die bessere Köchin als ich. Ich bin mehr die Assistentin. Ich gehe einkaufen und höre auf sie, wenn sie mir sagt, was ich tun soll.

Für 12 Personen kochen ist ja eine ziemliche Herausforderung. Was hast du denn eingekauft?

(lacht) Nun ja, «kochen» trifft es vielleicht nicht ganz. Ich habe ganz viele Kartoffeln gekauft und ganz viele verschiedene Käsesorten. Nach unserem Gespräch hole ich noch Hühnchen.

Wie pflegst du deinen Freundeskreis, der auf der ganzen Welt verstreut ist? Die Distanz und die verschiedenen Zeitzonen sind auf die Dauer sicher nicht ganz einfach zu bewältigen, oder?

Mit FaceTime, WhatsApp… Ich habe ein paar ganz enge Freunde – nicht so viele. Mit einer Freundin bin ich aufgewachsen. Sie hat gerade ein Kind bekommen, von dem ich die Patentante bin. Wir gehen jedes Jahr zusammen in die Ferien. Wir mieten im Sommer irgendwo ein Haus. Erst nur wir zwei. Jetzt kam noch ihr Mann dazu. Wir machen das, seit wir 16 Jahre alt waren.

Nur hat sich die Art des Reisens etwas geändert: Als wir 16 waren, gingen wir einfach mit irgendeinem aus unserem Freundeskreis mit und schliefen auf einer Couch. Jetzt mieten wir unsere eigenen Häuser und dann kann jeder kommen, der will. Die Regel ist: Auch wenn es nur für eine Woche ist, wir ziehen das jedes Jahr durch. Bis auf einmal haben wir es bisher immer geschafft.

Diesen Sommer geht’s nach Italien. Alle unsere Freunde, die wollen und Zeit haben, können kommen. Es gibt keine Zwänge. Wir fahren Boot, kochen, schauen Städte an, spielen Spiele, essen, trinken…

Wenn du siehst, dass deine gleichaltrigen Freunde Familien haben, Männer haben, Kinder haben, wie ist das für dich? Ist es ein Thema für dich, eine Familie zu gründen?

Ich habe wirklich viele Freundinnen, die Kinder haben. Jedes Mal, wenn ich sie sehe, finde ich das super. Dadurch zögert sich mein Kinderwunsch aber immer noch etwas heraus. Ich finde es etwas sehr Schönes, aber ich muss zuerst die richtige Zusammensetzung finden.

Ich nehme dich als sehr freiheitsliebenden Menschen wahr. Jemand, der plötzlich eines Morgens sagt: «Ich gehe jetzt für ein Jahr nach Indien.» Oder liege ich jetzt völlig falsch?

Nein, du hast es nicht schlecht getroffen (lacht). Aber ich bin auch sehr pflichtbewusst, wenn ich mich zu etwas bekenne. Das Thema Familie ist mir schon wichtig, aber es muss nicht um jeden Preis passieren. Es braucht den passenden Mann dazu. Die ganze Situation muss stimmen.

Bist du jemand, der sich mit dem Leben treiben lässt? Oder setzt du dir Ziele und rennst fokussiert darauf los?

Ich bin eher ein zielstrebiger Mensch, auch wenn es vielleicht nicht so rüberkommt. Ich weiss immer, was ich will. Ich bin sehr hartnäckig.Das ist auch der Grund, warum ich erfolgreich bin, nicht weil ich ehrgeizig bin, sondern weil ich mir stets ein Ziel gesetzt habe.

Wie hat sich das geäussert?

Ich habe einfach nicht aufgegeben, bis ich den Job hatte, den ich unbedingt wollte.

Heisst das für dich aber auch, dass jeder im Leben seine gesetzten Ziele erreichen kann?

Ich glaube schon, dass Erfolg viel damit zu tun hat, wie fest man etwas möchte.

«Ich mache Dinge lieber nicht, als sie nicht perfekt zu machen.»

Ist das nicht ein Satz der Erfolgreichen? Du gingst mit 16 Jahren raus ins Leben und hattest schnell Erfolg, lebst so frei, wie viele andere Menschen es auch gerne tun würden. Empfindest du es in der Retroperspektive selber als Durchmarsch, bist du ein Sonnenkind, dem alles zugeflogen ist, oder war es vielleicht doch anstrengender als es von aussen wirkt?

Das ist schwierig zu sagen. Ich fühle mich sicher nicht als Sonnenkind. Ich bin zwar sehr dankbar für all die Möglichkeiten, die ich erhalten habe. Aber ich musste schon oft unten durch. Am Anfang hatte ich keine Jobs, verdiente nicht viel Geld.

Wie hast du diese Zeiten überbrückt?

Ich wusste einfach, dass es klappen würde. Auf Englisch sagt man «I knew it in my bones that it’s going to work out». Meine Eltern unterstützten mich damals noch, wenn es besonders schlimm war, und schauten, dass ich nicht nur Reis esse.

Wie weit bist du mit deinem Buch?

Habe ich gesagt, dass ich ein Buch schreibe?

Ja, du seist damit bereits ziemlich fortgeschritten, hast du letztes Jahr in der SRF3-Sendung Focus verraten.

Einer meiner besten Freunde ist Verleger und er wünscht sich schon lange, dass ich ein Buch schreibe. Ich bin eigentlich ständig am Schreiben, ändere es aber immer wieder.

Ein Roman oder ein Sachbuch?

Ich habe mehrere Projekte, aber möchte es nicht verschreien, da ich mir auch keinen Druck machen möchte. Genau deshalb habe ich auch lange nicht darüber gesprochen und tu es auch weiterhin nicht gerne, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich dieses Buch-Projekt abschliessen werde.

Ein Schreibprozess braucht generell Raum und Zeit. Ich schliesse dieses Jahr mein Studium in Creative Writing ab. Darauf lag in letzter Zeit meine Priorität. Nach dem Studium wird es wieder meine Arbeit sein, vielleicht ergeben sich auch neue Möglichkeiten.

Ist dieses Studium für dich eine Last oder etwas, das dir Freude bereitet?

Etwas, das mir Freude bereitet. Es macht mir sogar sehr viel Freude. Ich habe damit als Hobby angefangen. Und nun schliesse ich im Juni also Creative Writing ab und Kunstgeschichte dann im nächsten Jahr. 2019 ist das einzige Jahr, in dem ich beides parallel laufen lasse. Das ist ein bisschen viel. Sonst waren die Studiengänge immer versetzt, das ging gut. Jetzt arbeite ich wieder mehr. Aber es spornt mich an, denn das Schreiben von Drehbüchern und das Regie führen ist das, was ich gerne machen möchte in Zukunft.

Was sind die nächsten Schritte, um dein Ziel zu erreichen?

Ich habe Kreatives Schreiben studiert mit Schwerpunkt auf Drehbüchern. Aus diesem Grund bin ich auch nach Los Angeles gezogen. Dazu habe ich als zweites Fach absichtlich Kunstgeschichte gewählt und nicht Film, denn meine liebsten Regisseure haben alle auch Kunstgeschichte studiert.

Wer zum Beispiel?

Ingmar Bergmann, Pier Paolo Pasolini – ich finde das einen spannenden Ansatz. Mal schauen.

Schaust du manchmal auch nach vorn und malst dir aus, wie du in zehn Jahren leben wirst?

Ja, ich schaue nur nach vorn. Ich möchte gerne wieder vermehrt in der Schweiz arbeiten. Zurzeit führe ich Gespräche mit verschiedenen Schweizer Brands, auch als Beraterin. Nach fast zwei Jahrzehnten Erfahrung habe ich ein gutes Auge, was auf dem internationalen Markt passiert und gefragt ist.

Langfristig gedacht würde ich gerne Fuss fassen in der Filmszene. Ich würde es auch gut finden bei James Bond Regie zu führen, nicht nur Independent Filme zu machen. Ich habe viele Interessen. Ich möchte einfach, dass möglichst viele Menschen meine Werke sehen. Vielleicht werde ich damit überhaupt keinen Erfolg haben, aber ich hoffe es. Es ist etwas das ich einfach unbedingt tun moechte.

Ich bin eine Perfektionistin, deshalb mache ich Dinge lieber nicht, als sie nicht perfekt zu machen. Aber daran arbeite ich – und dann klappt alles andere auch irgendwie (lacht).

Text: Anna Maier
Bilder: Jean-Pierre Ritler

Newsletter

Melde dich für den Newsletter an und ich informiere dich über jeden neuen Artikel, der auf KeinHochglanzmagazin erscheint.

Vielen Dank. Bitte klick auf die Bestätigungsmail die ich dir gerade gesendet habe. Erst dann ist die Anmeldung abgeschlossen.

Hoppla, etwas ist schief gelaufen...

1. März 2019
„Mir ist lieber, wenn man mir im Stillen zuhört, als dass ich in den Schlagzeilen erscheine.“ Ajay Mathur, Musiker
1. Mai 2019
„Warum müssen denn alle ins selbe Raster passen?“ Beat Mumenthaler, Fotograf

Kommentare

  • Avatar
    Daiss Anna
    REPLY

    Immer sehr interessante Artikel. Freue mich auf deinen Einsatz am Sechseläuten. Mach weiter so. Liebe Grüsse Anna

    1. April 2019
  • Avatar
    Anna
    REPLY

    Immer sehr gute Artikel zum Lesen Freue mich auf deinen Einsatz am Sechseläuten. Mach weiter so. Liebe Grüsse Anna

    1. April 2019
  • Avatar
    Beat Merki
    REPLY

    Sehr interessantes Interview mit Nadine Strittmatter welches einmal mehr einen schönen Einblick in das Leben einer Persönlichkeit gibt und so auch eine Seite zeigt welche einem nicht bekannt war. Danke Anna für die immer wieder sehr spannenden Geschichten. Liebe Grüsse Beat

    1. April 2019

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind gekennzeichnet durch *

Send this to a friend